Weshalb Rechtsschutzversicherungen oft nicht weiterhelfen

Verfahren, in denen Rechtsanwälte beauftragt werden, sind teuer. Rechtsschutzversicherungen versprechen, gegen Zahlung einer Prämie bestimmte Kostenrisiken zu übernehmen. Rechtsanwälte nehmen keinen Einfluss auf die Bedingungen der Versicherungsverträge.

In der Praxis ist der gewährte Versicherungsschutz keineswegs umfassend, sondern aufgrund der allgemeinen Versicherungsbedingungen stark lückenhaft. In allen Fällen, in denen Mandanten rechtsschutzversichert waren und ich damit beauftragt wurde, eine förmliche Deckungsanfrage zu stellen, erklärte die Versicherung in ca. 20 % der Fälle ihre Bereitschaft, die tariflichen Kosten zu ersetzen. In allen anderen Fällen wurde die Deckung abgelehnt. Ob die Ablehnung aufgrund der Bedingungen des Versicherungsvertrages objektiv berechtigt war oder nicht, ist in vielen Fällen nicht entscheidend, da die meisten Mandanten aufgrund rationaler wirtschaftlicher Abwägung davon Abstand nehmen, weitere Kosten zu verursachen und die Versicherung auf Deckung zu klagen.

Nehmen Sie einmal an, Sie haben eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, die auch den Baustein "Straf-Rechtsschutz" umfasst. Hierfür bezahlen Sie laufend eine Prämie an Ihre Versicherung. Sodann erhalten Sie eine Strafverfügung oder ein Straferkenntnis wegen angeblicher Verletzung des COVID-19-MG.

Sie beauftragen Ihren Rechtsanwalt, sich die Unterlagen anzusehen und eine Deckungsanfrage an Ihre Versicherung zu richten. Die Versicherung prüft und lehnt die Deckung ab. Denn alle Sachverhalte mit COVID-19-Bezug wären aufgrund der Katastrophen- und Ausnahmesituationsklausel gemäß Art 7 Z 1.1.2. der Allgemeinen Rechtsschutzbedingungen Ihres Versicherungsvertrages ausgeschlossen:

„Artikel 7

Was ist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen?

1. Kein Versicherungsschutz besteht für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen

1.1. in ursächlichem Zusammenhang

[…]

1.1.2 mit hoheitsrechtlichen Anordnungen, die aufgrund einer Ausnahmesituation an eine Personenmehrheit gerichtet sind, sowie mit Katastrophen; Eine Katastrophe liegt vor, wenn durch ein Naturereignis oder ein sonstiges Ereignis dem Umfang nach eine außergewöhnliche Schädigung von Menschen oder Sachen eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.“

Sie haben nun im Wesentlichen vier Möglichkeiten:

1. Sie akzeptieren die Entscheidung der Versicherung und bezahlen die Strafe, allenfalls nach Vorsprache bei der Behörde zur Minderung der Strafhöhe ("Bettler").

2. Sie akzeptieren die Entscheidung der Versicherung und wehren sich in weiterer Folge selbst gegen die Strafe ("Leguleius").

3. Sie akzeptieren die Entscheidung der Versicherung und bezahlen Ihren Rechtsanwalt dafür, Sie im Sinne einer bestmöglichen Abwehr der Strafe zu vertreten ("Krösus").

4. Sie wehren sich gegen die Entscheidung der Versicherung und beauftragen Ihren Rechtsanwalt mit einer zivilrechtlichen Klage bei Gericht, um Ihre Versicherung zur Übernahme des Kostenrisikos zu zwingen. Dabei geht es Ihnen um das Prinzip, nicht laufend Prämien zu bezahlen und bei Eintritt des versicherten Risikos keine Leistung zu erhalten ("Krösus²").

Mit den Vor- und Nachteilen dieser Varianten werden wir uns noch beschäftigen. 

- RA Dr. Michael Schilchegger

(t.me/schilchegger)

https://t.me/Schandstaat

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